„Ich bin nicht mehr der selbe Mensch“
Ein Gespräch mit Alexis Wiehe

Seit einem Aufenthalt in Medjugorje bin ich nicht mehr derselbe Mensch

Ein Gespräch mit Alexis Wiehe.

Alexis Wiehe wurde Ende Juni 2004  zum Priester geweiht und wirkt heute in der Diözese Toulon. Die Erfahrung in Medjugorje hatte auf sein Leben und seine Berufung einen entscheidenden Einfluss. Von seinem Bischof erhielt er die Erlaubnis, grundlegende Erfahrungen, die er in Medjugorje selbst erlebt hat, in seine pastorale Tätigkeit einfließen zu lassen.

Das folgende Gespräch mit Alexis Wiehe führte Lidija Paris, Pfarre Medjugorje.

 

Können Sie uns sagen, welchen Einfluss Medjugorje auf Ihr Leben und auf Ihre Berufung hat?

Ich wurde als Franzose auf der Insel Mauritius geboren. Mit 19 Jahren ging ich zum Studium nach Paris. Zuvor war ich ab meinem 16. Lebensjahr in der Schule und im Dienste der Mutter Teresa an den Kleinen und Armen, und das hat meinen Glauben geformt. Zuvor hatte ich keine enge Beziehung zur Kirche. Ich verstand die Kirche nicht und ich liebte sie auch nicht sonderlich. Zu bestimmten Zeiten besuchte ich die hl. Messe, ich ging auch manchmal zur Beichte, aber nie mit ganzem Herzen. Ich hatte auch kein wirkliches Verständnis für die Sakramente. Als ich nach Frankreich kam, war ich plötzlich mit dem modernen Dschungel einer großen Metropole konfrontiert, wie eben Paris. Das war eine Zeit der Verlockungen und des Suchens… Nach zwei Jahren Aufenthalt in Paris befand ich mich in tiefer Hoffnungslosigkeit, so dass ich sogar an Selbstmord dachte. Von solchen Gedanken wurde ich sehr erschüttert und ich begriff, dass ich jetzt reagieren und Paris verlassen musste, weil ich in großer Gefahr steckte. Auf Grund meiner Schulung zum Sozialarbeiter wollte ich in Verbindung mit einer humanitären Organisation in ein anderes Land gehen. Ich überlegte ernsthaft, nach Südamerika oder nach Indien zu gehen. Ein Freund jedoch war gerade aus Medjugorje gekommen und hat mir von seinen Erfahrungen berichtet. Das weckte mein Interesse und als ich begriff, dass man dort auch humanitäre Arbeiten verrichten kann, war es mir, als ob jemand in Medjugorje auf mich wartete. Ich war damals 26 Jahre alt, das war 1996. Diese Perspektive begann in mir eine fast unglaubliche Hoffnung zu wecken. Danach verbrachte ich vier Monate in Medjugorje. Ich nahm die Botschaften der Gottesmutter mit großer Freude an und bemühte mich, sie zu verwirklichen. Nach diesem Aufenthalt in Medjugorje war ich, dank der Schule Mariens, nicht mehr derselbe Mensch. Ich fühlte den inneren Ruf, alles der Gottesmutter hinzugeben und dann vollkommen bereit zu werden und auf alles zu warten, was sie von mir will. Ich ging von Medjugorje weg und war von unglaublicher Hoffnung erfüllt mit allem, was mein Leben und meine Berufung zur Kirche betrifft. Ich danke Maria, dass mir das Geheimnis „Kirche“ offenbar wurde und ich den tiefen Wunsch fühlte, der Kirche zu dienen. Zu jener Zeit schien für mich das Priestertum eine zu hohe Aufgabe in Bezug auf meine Jugend und auf meine Unvollkommenheit und ich fühlte mich dessen nicht würdig… Und dennoch hatte ich die Gnade, an meine Berufung durch Gott zu glauben…

Sind Sie dann ins Priesterseminar gegangen?

Zunächst bin ich in die Gemeinschaft der Seligpreisungen eingetreten, denn dort habe ich Brüder und Schwestern gefunden, die die Botschaften lebten. In anderen kirchlichen Gemeinschaften bin ich auf eine Art Unglauben gestoßen, was die Glaubwürdigkeit der Geschehnisse in Medjugorje betrifft. 1998 trat ich ins Priesterseminar ein. Während der ersten zwei Jahre hatte ich Gelegenheit, Pilgergruppen nach Medjugorje zu begleiten. Die Berufung zum Priester war für mich eindeutig, aber nicht auch die Berufung zu einem Leben im Orden. So viel war mir klar, dass ich ein Priester in der Schule Mariens sein muss, in der Schule von Grignon von Monfort, einem Priester der Evangelisation. Ich kehrte nach Mauritius zurück, aber ich fand keine Unterstützung. Nach einem halben Jahr begriff ich, dass ich meine Heimat verlassen musste. Das war für mich eine totale Ungewissheit, denn ich wusste nicht, an wen ich mich wenden soll. Ich kehrte vom Glauben getragen nach Frankreich zurück und wendete mich an Msgr. Dominique Rey, den Bischof von Toulon, der erst vor einem halben Jahr zum Bischof ernannt worden war.

Kannte Ihr Bischof Medjugorje?

Er kannte einige Gebetsgruppen, die mit Medjugorje Kontakt hatten. Als Priester war er in Medjugorje gewesen. Er wusste, dass Medjugorje auf meinem Weg eine wichtige Rolle spielte, und er war mir immer wohlwollend gesinnt. Ein Jahr später hat er mich in meinem Vorhaben unterstützt, eine Gruppe von Jugendlichen nach Medjugorje zu begleiten. Dieser Standpunkt des Bischofs war für mich eine Quelle unglaublicher Freude: Ich hatte den Eindruck, dass ich meine ursprüngliche Berufung wieder gefunden hatte. Ich kehrte aus Medjugorje zurück und war der festen Überzeugung, dass Organisationen von Pilgerfahrten weiterhin notwendig sind. Der Bischof gab mir „grünes Licht.“ Im Laufe jenes Jahres begleitete ich drei Pilgergruppen, welche große Früchte trugen. Danach wurde ich zum Diakon geweiht. In dieser Zeit, es war im Jahr 2003, hörte mein Bischof harte Kritik über Medjugorje. Daraufhin fuhr ich mit einem Mitseminaristen nach Medjugorje, um mit zuständigen Menschen an Ort und Stelle zu sprechen und so zu erfahren, woher diese Kritik kommt. Danach fragte ich meinen Bischof, was ich tun solle. Er erklärte mir, dass es nicht genügend Gründe gäbe, Medjugorje abzulehnen, und deshalb verbot er mir nicht, weiterhin nach Medjugorje zu fahren. Im Gegenteil, er sagte zu mir: „Zeige mir Früchte von Medjugorje!“ Das war ein anderes Wort meines Bischofs, das in mir Hoffnung weckte. Ich werde die Früchte in meiner Diözese aufzeigen: Bekehrungen, Berufungen, Einheit usw.

Genügt eine Pilgerfahrt nach Medjugorje, dass diese Früchte von Dauer sind?

Das erhebt die Frage, wie weit die Pilger nach der Pilgerfahrt betreut werden: Dies wäre notwendig, damit die empfangenen Gnaden zum Wohl der Gemeinde wachsen, innerhalb der Kirche, im Dienste der Kirche, in Gebetsgruppen, bei Jugendlichen usw. Das hatte ich immer schon im Sinn. Als ich mit anderen Seminaristen nach London fuhr, begegnete ich Robert Toone, der 1990 zusammen mit Pater Slavko das erste Jugendtreffen in Medjugorje veranstaltete, das inzwischen zum „Jugendfestival“ heranreifte. In England verbreitete sich das unter dem Namen „Youth 2000“ (Jugend 2000). Das ist eine direkte Frucht aus Medjugorje, die heute vollkommen in den Ortskirchen integriert ist. Ich denke, man sollte den Mut haben, so etwas auch in Frankreich einzuführen. Bisher gibt es in Paris einige Gebetsgruppen, die von Medjugorje inspiriert wurden, wie z.B. „Abba“, „Pilger der Hoffnung“.

Konnten Sie auch nach Ihrer Weihe weiterhin nach Medjugorje kommen?

Nach meiner Weihe kam die Zeit, in der ich die Wirklichkeit der Ortskirche kennenlernen sollte, das Leben der Pfarre, der pastoralen Arbeit mit der Jugend und mit den Studenten, in die ich rasch integriert war. Ich bin Kaplan in einer Pfarre und Religionslehrer an einer Fakultät. Ich bin auch zuständig für Berufungen und das alles ist viel für einen jungen Priester. Ein junger Priester sollte verschmelzen mit der Realität seines Wirkungsbereiches, in den er gestellt wurde: Er sollte im Dienste der Menschen stehen und sich nicht für gewisse Projekte verausgaben. Er sollte den Menschen so verstehen, wie er ist, um besser evangelisieren zu können, um ihn besser zu begleiten. Das ist manchmal sehr schwer, denn in manchen Pfarren sind nicht alle auf dieselbe Weise offen für das, was man ihnen bietet. Priorität in meiner pastoralen Tätigkeit mit den Studenten hat das Ziel, sie zu Maria zu führen, dass sie in ihrer Schule Jesus nachfolgen lernen. Im vergangenen Jahr kam ich das erste Mal als Priester ohne ein bestimmtes pastorales Projekt nach Medjugorje. In diesem Jahr ist es schon viel klarer: Ich hatte Gelegenheit, Menschen zu begleiten, die im Zentrum der pastoralen Arbeit bei den Studenten wirken.

Welche konkreten Früchte entdecken Sie bei den Jugendlichen?

Die Jugendlichen erfahren hier die Liebe Gottes, sie erfahren Jesus, der auch heute lebt, sie erfahren persönliche Befreiung. Einige hatten tiefe Wunden, die aussichtslose Situationen verursachten. Die Gnade, die man hier durch die Anwesenheit Marias, die ja selbst voll der Gnade ist, erfährt, und die Erfahrung des Gebetes bewirken, dass Mauern einstürzen. Diese Menschen „kapitulieren“ vor sich selbst, sie begreifen, dass sie von Gott geführt werden, sie begreifen die Nachfolge Christi. Hier in Medjugorje erfahren sie die lebendige Kirche. Und das ist etwas, was auf uns Priester einen tiefen Eindruck macht. Hier entdecken sie, dass die Sakramente der Kirche nicht „veraltete Relikte“ sind, vielmehr sind sie Gelegenheiten, in denen sich Jesus uns in der Kirche schenkt. Sie kehren um zum regelmäßigen Empfang der Sakramente und zur totalen Einheit mit der Kirche. In vielen Jugendlichen erwacht nach einer Wallfahrt nach Medjugorje der Wunsch nach Weiterbildung, der Wunsch, den Katechismus der Kirche kennen zu lernen. Sie wollen den Glauben verstehen und vertiefen, den Glauben der Kirche, die Lehre der Kirche. Ich kenne einige, die sich einer Evangelisationsschule anschlossen.

Wie führt Maria zur Kirche?

Für mich ist es eine Frucht von Medjugorje, dass ich in den Dienst der Kirche getreten bin. Heute bin ich Priester für die Kirche. Als ich meine Berufung erwog, hörte ich auf das, was mir mein geistlicher Vater und mein Bischof sagten. Es ist sichtbar, wie mich Maria lehrte, der Kirche zu gehorchen. Dasselbe bemerke ich auch bei den Jugendlichen, die ich begleitete.

Ist das bei allen Pilgern so?

Was ich bisher gesehen habe, das kann ich auch bezeugen, nämlich, dass die Menschen hier angenehme Dinge erleben, Gnaden empfangen, aber sie tragen diese Früchte nicht immer in die Kirche, weil die Begleitung unzureichend war, oder weil etwas bei der Begleitung nicht vollständig war. Ich bemerkte in Medjugorje oder auch nach der Wallfahrt Menschen, die diese Orte benützen, um Jugendlichen ausschließlich charismatische Erfahrungen beizubringen oder um sie in apokalyptische Visionen über die Endzeit einzuweihen. Dabei stützen sie sich oft auf nur eine Botschaft, die aus dem Kontext herausgerissen wurde. Ich sehe, in welchem Ausmaß die Früchte von Medjugorje falsch angewendet werden können. Das machen ausschließlich jene, welche einen Auftrag zur Begleitung haben, aber nicht das richtige Gespür für die Kirche. Mein Wunsch als Priester ist, dass Gruppen gut geführt werden, bei der Pilgerfahrt und auch danach. Mögen das doch Menschen machen, die mit der Kirche tief verwurzelt sind, die in Einheit mit der Kirche sind, die den Pilgern helfen, sich einen Schritt der Kirche zu nähern. Zugehörigkeit zur Kirche bedeutet auch Einordnung, und das kann manchmal viel von uns verlangen. Medjugorje ist aber für die Kirche.

Was könnten die Bischöfe tun, um die Früchte von Medjugorje zu fördern?

Ganz einfach die Initiativen der Laien unterstützen und die Möglichkeit schaffen, dass nach der Pilgerfahrt Begegnungen stattfinden, um in dieser besonderen Gnade zu verbleiben.

Welche Rolle spielt Maria im Leben eines Priesters und in einer Pfarre?

Eine lebensnotwendige! Was man uns im Priesterseminar in geistlicher Hinsicht geboten hat, war für mich keinesfalls ausreichend. Für mich ist eine persönliche Bindung an Maria notwendig, jeden Tag und jede Person Maria zu weihen. Maria wird uns helfen, eine Form für eine neue Evangelisation zu finden: neue Methoden, neue Worte, neue Glut. Maria hat Medjugorje als Pfarre erwählt. Die Wirklichkeit einer Pfarre ist die Gemeinschaft der Gläubigen einer Pfarre. Ich möchte die Pfarre ermutigen, sich der Berufung, die sie erhalten hat, bewusst zu werden.

Ist Medjugorje ein mögliches Modell zur Erneuerung einer Pfarre?

Davon bin ich überzeugt. Wenn ich eines Tages Pfarrer werde, werde ich versuchen, die Elemente, die ich hier gesehen habe, für meine Pfarre zu verwenden: den täglichen Rosenkranz, die Eucharistiefeier und den Kreuzweg. In Medjugorje wurde etwas zur Erneuerung der Pfarren für die ganze Kirche vorgegeben. Die Weihe an Maria bringt ihre Früchte.

Ich bin ein junger Priester, der noch vieles lernen muss. Ich trage in mir eine immense Freude und eine große Hoffnung, was die Kirche und die Welt betriff. Und diese Freude kommt von Maria.

Quelle: www.medjugorje.hr